Kassen fordern günstige Arzneien

Senkung der Medikamentekosten durch Rabatte

Prämien für Ärzte bei der Verschreibung billiger Mittel?

Weit über zwanzig Milliarden Euro stecken die gesetzlichen Krankenkassen jährlich in Arzneimittel, was nach den Kosten für Kliniken die höchsten Ausgaben sind.
Nun jedoch wehren sich die Krankenkassen auf ihre Art: Sämtliche Allgemeine Ortskrankenkassen AOK beschlossen mit ein paar Medikamentherstellern Rabatte.

Bislang berappten die gesetzlichen Krankenkassen alle den selben Preis für ein Arzneimittel, was sich durch diese Rabatte ändern wird, denn die Rabatte der AOK bestehen in teilweise über 35 Prozent des momentanen Apothekenpreises.
Elf Produzenten willigten in das Vorhaben ein und gewähren der Kasse nun bei 43 Arzneimitteln Preisnachlass, woraus die Kunden ab dem ersten April Gewinn schlagen, denn sie sparen sich die Zuzahlungen in der Apotheke – jedenfalls für die auserwählten Medikamente.

Die Ortskrankenkassen freuen sich über einen Dammbruch, der ihnen pro Jahr Ausgaben im zweistelligen Millionenbereich ersparen werde.
Andere Krankenassen werden vermutlich schon bald das Vorbild der AOK nachahmen.

Ein Großteil der Pharmafirmen nahmen an den Verhandlungen der AOK nicht teil, da sie den Forderungen nach günstigeren Arzneien nicht nachgeben wollten, weshalb von neunzig Unternehmen nur sechzehn Rückmeldung gaben.
Die Firmen sprechen nun von einer Marktbereinigung. Die verlangten Rabatte seien ruinös und Sache der Kartellwächter, weshalb einige Pharmaunternehmen Klage gegen die AOK einreichten, doch die Urteile stärken die AOK nur in ihrem Vorhaben.

Die Rabatte sind erst der Anfang der von der Gesundheitsreform ermöglichten Neuregelungen, so dass den Medikamenten vermutlich bald unterstützende Produkte wie z.B. Rollstühle und Hörgeräte folgen werden.
Experten fürchten jedoch Lieferengpässe bei den billigeren Arzneien, da der Marktanteil der betroffenen Hersteller nicht sehr hoch liegt.

Die Idee eines vermehrten Einsatzes von Nachahmemitteln mit denselben Wirkstoffen (Generika) zur Senkung der Kosten findet bei den Ärzte großen Anklang, da die Kosten der Arzneimittel inzwischen höher lägen als die Honorare der Ärzte.
Allerdings lassen die Verträge mit den Herstellern um die Therapiefreiheit bangen.
Zudem verursachen die Rabatte Schwierigkeiten bei Älteren, die sich durch den jahrelangen Gebrauch an „ihre“ Arzneien gewöhnten, was bei den neuen Mitteln zu Fehleinnahmen führen kann.
Kunden, die ihre Krankenkasse wechseln möchten, wird die Sache ebenfalls nicht leicht gemacht, denn durch die unterschiedlichen Verträge bekommt der Betroffene beim Kassenwechsel andere Generika verschrieben.

AOK und die Kassenärztliche Vereinigung möchten den Ärzten dreißig Prozent der Einsparung überlassen, um sie von den neuen Rabatten zu überzeugen, was teilweise nicht ganz den gewünschten Erfolg erzielt.
Bei diesen Prämien schimmert Bestechlichkeit durch, was der Sache einen unmoralischen Anstrich verleiht – ob sich die Patienten davon überzeugen lassen, ist fraglich.

Die Techniker Krankenkasse TK, die ebenfalls mit der Pharmaindustrie verhandelt, möchte die Zuwendung an Ärzte anders angehen, da es falsch sei, Mediziner zu Komplizen zu machen.
Satt finanziellen Lockmittel sollten sie von Wirtschaftlichkeitsprüfungen verschont bleiben.